hass. 22
Wer keine Bahn-Hass-Geschichten mag, liest jetzt bitte woanders weiter.
Normalerweise würde ich jetzt gerade im Colosseum Theater in Essen sitzen und eine extrem unterhaltsame Show erleben, in der die ProSiebenSat.1-Sender ihre neuen Programme der kommenden TV-Saison vorstellen. Normalerweise. Stattdessen sitze ich zu Hause und bin so frustriert wie lange nicht mehr. Was istpassiert?
Es fing damit an, dass ich eigentlich um 7 aufstehen wollte, um pünktlich zur Pressekonferenz in Essen zu sein, die um 11.30 Uhr stattfand. Aufgrund des extrem anstrengenden Tages gestern habe ich es nicht geschafft, rechtzeitig aus dem Bett zu kommen. Also sagte ich mir: Die eigentliche Show beginnt um 19 Uhr, schlaf dich erstmal aus, umso länger kannst Du hinterher noch trinken und feiern. Da ich ein Paranoiker vor dem Herrn bin und immer gewisse Zeitfenster einplane, verließ ich um 13.30 Uhr das Haus, fuhr um 14 Uhr mit dem Zug los. Mein ICE sollte vor 17 Uhr in Essen sein, genug Zeit also, um vor der Show noch ein paar Leute zu treffen.
Zunächst ging alles relativ glatt. Bis auf das kleine Detail, dass von Beginn an die Klimaanlage des ICE ausgefallen war. Toll an einem Tag, an dem es 35 Grad warm war. So war ich nach einer halben Stunde schon nassgeschwitzt. Der eigentliche Horror war das allerdings noch nicht. Kurz vor der Haltestelle Frankfurt Flughafen stoppte der Zug. Zunächst, weil das Gleis angeblich besetzt war. Nach 30 Minuten kam dann eine wahrheitsgemäßere Durchsage: “Wegen technischer Schwierigkeiten an beiden Triebwagen kann unser Zug vorerst nicht weiterfahren. Wir halten Sie auf dem Laufenden.” Nach mehr als 60 Minuten dann die nächste Durchsage: “Unser Zug kann definitiv nicht mehr vorwärts fahren. Wir fahren jetzt zurück zum Frankfurter Hauptbahnhof”. Doch auch das gestaltete sich nicht so einfach. Zu einem Zeitpunkt, an dem ich schon längst in Essen sein sollte, stand ich in einem Wüstenklima-ICE zwischen Frankfurt Flughafen und Frankfurt Hauptbahnhof und beobachtete neidisch S-Bahnen, die an mir vorbeifuhren.
Wegen der großzügig eingeplanten Zeitfenster hätte es immer noch gereicht, wenn ich um 17 Uhr (normalerweise wäre ich da schon im klimatisierten Colosseum Theater gewesen) in Frankfurt Hauptbahnhof hätte losfahren können. Was macht aber die Deutsche Bahn? Einen Ersatzzug bereit stellen? Natürlich nicht. Stattdessen wurden freundlich die “nächsten Reisemöglichkeiten” durchgegeben. Der nächste ICE nach Essen fuhr um kurz vor halb 6, wäre erst um halb 8 in Essen gewesen und inklusive Taxifahrt zum Theater wäre ich heillos zu spät gekommen.
Fassen wir zusammen: Ein ICE, dessen Klimaanlage nicht funktioniert, blieb wegen Triebwagenschäden stehen, verharrte fast 90 Minuten in dieser Position, zuckelte dann zurück zu einem anderen Bahnhof, brauchte dafür die dreifache der normalen Zeit und ließ die Fahrgäste völlig allein mit ihrem Schicksal. Die Leute, die ihre Fahrt fortsetzten, bekamen anscheinend nicht einmal einen Gutschein, da sie mit anderen Zügen weiterfuhren. Wer Glück hatte, bekam immerhin eine kostenlose Flasche des miesen Wassers, das die Bahn vertickt. Ich bekam nach Interventionen meinen Fahrpreis erstattet, die Rückfahrt nach Heidelberg ebenfalls und (Tusch!) einen tollen Gutschein über 7 Euro 40, den ich bei meiner nächsten Fahrt einlösen kann. Auf der Nagetivseite bleibt, dass mir ein Unternehmen, das immer von sich behauptet, total modern und Service-orientiert zu sein, aus einem Tag, der ursprünglich zu einem Highlight werden sollte, die größte Zeitverschwendung seit Ewigkeiten machte. Vielen Dank, Deutsche Bahn!