Archive for January, 2006

die nächsten großen Dinger. 6

Direkt aus dem popkulturjunkie-Headquarter ein paar frische, ausnahmslos fabelhafte Musiktipps zur Verbesserung Eures Musikgeschmacks:

Aberdeen City. Allerfeinster Indie-Rock einer Band von der Westküste der USA. Alle, die mit Bands wie Jimmy Eat World oder Snow Patrol etwas anfangen können, MÃœSSEN auf die myspace-Seite der Band gehen und sich “god is going to get sick of me” vom Debüt-Album “the freezing atlantic” anhören. Schon lang nicht mehr einen so süchtigmachenden Song entdeckt.

Fear of Music. Quartett aus Manchester mit Einflüssen zwischen Muse und Nirvana. Unbedingt “skin & bones” auf der Website anhören. Die EP ist schon im Juli in Deutschland erschienen. Und ich erfahre erst jetzt von denen. Tse.

The Kooks. Machen schon die Runde durch einige Blogs. Der “NME”-Hype beginnt gerade. Schöner, melodiöser Gitarren-Pop. Auf der offiziellen Website gibt’s ein paar Tracks zum anhören. Meinen Favoriten “ooh la” leider nicht. Das Debütalbum “inside in/inside out” erscheint in Deutschland am 31. März.

The Upper Room. Noch mehr schöner Indie-Pop aus Großbritannien. Eine Band aus Brighton, deren Debüt-Clip “all over this town” auf der myspace-Seite anzuschauen ist. Ebenfalls sehr zu empfehlen: “black & white”.

The Whip. Du magst New Order und Joy Division? Du wirst The Whip mögen! Auf der Band-Homepage gibt’s “frustration” als mp3. Ein Pflicht-Download.

Nizlopi. Etwas ganz anderes zum Schluss. Ruhige, melancholische Musik zwischen David Gray und Van Morrison, zwischen Folk und Pop. “jcb” ist einfach nur wunderschön, das supertolle, rührende, mit Bleistift gezeichnete Video dazu gibt’s auf dieser liebevoll designten Seite. Das Album ist in Deutschland bisher nur als Import erhältlich.

popkulturjunkie on tour: tomte (2006) (lange version). 7

So. Während meine Liebste nun einen Tag nach mir das Tomte-Konzert in Düsseldorf erleben darf, kommt hier mein Konzertbericht zum gestrigen Heidelberg-Auftritt.

Der Abend begann mit folgendem Dialog:
popkulturjunkie: Schau mal in die Mange. Siehst Du ein Gesicht, das dir auf Anhieb unsympathisch ist?
popkulturjunkies Begleiterin: Nö.
popkulturjunkie: Und als Du am Donnerstag in die Depeche-Mode-Menge geblickt hast, hast Du da ein Gesicht gesehen, das dir auf Anhieb sympathisch war?
popkulturjunkies Begleiterin: Nö.

Dieser kleine Dialog beschreibt perfekt die Tatsache, dass ich mich an diesem Abend im Karlstorbahnhof sofort wohl gefühlt habe. Klar, das Publikum war sehr jung, ziemlich abiturientisch/studentisch, teenie-esk. Aber ist es nicht großartig, wenn kleine Mädchen nicht auf den Charts-Scheiß reinfallen, sondern sich mit Musik beschäftigen und lieber Thees Uhlmann anhimmeln, statt den “süßen Bill”? Sicher waren auch ein paar dabei, die nur hingegangen sind, weil Tomte gerade heißer Scheiß ist, aber der überwiegenden Mehrheit sah man an, dass sie einfach die Musik lieben. Und das zählt.

Zur Musik: Als Vorband war die kalifornische Sub-Pop-Hoffnung Rogue Wave engagiert, die man wohl in die Emo-Schublade stecken kann. Leicht melancholischer Indie-Pop. Die Musik war sehr okay. Mir fehlten große Melodien für eine noch bessere Meinung, aber ein genauerer Blick auf die Musik der Band lohnt sicher.

Dann, so gegen halb 11, kamen endlich die fünf Herren von Tomte auf die Bühne und ein legendärer Abend begann. Mit den beiden kraftvoll vorgetragenen “von gott verbrüht” und “ich sang die ganze zeit von dir” gelang ein perfekter Start, davor und dazwischen gab es ausufernde Ansagen von Uhlmann, die darauf deuten ließen, dass der Abend neben toller Musik auch unterhaltsame Comedy bieten sollte. Und genau so kam es. Uhlmann legte sich mit ein paar ständig pogenden, pöblenden Teenies an, drohte mit den “Tomte-Hools”, die ab und zu auch von Fußballvereinen angefordert würden, fragte, ob man jetzt gleich zum Arschloch geworden sei, nur weil man mal auf dem Cover des “musikexpress” war, scherzte mit seiner Rotwein-Abhängigkeit und erzählte Anekdoten aus der Dorfpunkzeit, als man besoffen im Pauli-Stadion feierte.

Im Verlauf des Sets (Setlist siehe hier) gab es insgesamt 7 der 10 Songs der neuen Platte “buchstaben über der stadt“, 7 vom Vorgänger-Album “hinter all diesen fenstern” und drei vom 2000er-Album “eine sonnige nacht“. Gerade diese älteren, meiner Meinung nach deutlich schwächeren, Songs wie “korn & sprite” zeigen immer wieder, was für eine wahnsinnige Entwicklung Tomte hinter sich haben, wie gut sie geworden sind. Insgesamt war es ein perfeker Mix aus Alt und Neu mit erfreulich vielen neuen Songs, die das Publikum theoretisch ja noch gar nicht kennen konnte. Uhlmann: “Wir können hier nicht die Gassenhauer von vor 80 Jahren spielen, sondern wir müssen uns auch selber anbocken.” Dabei war es auch ziemlich egal, dass er beim einen oder anderen Lied (das grandiose “walter & gail”, z.B.) noch ein paar Textschwächen offenbarte. Sowieso, die neuen Lieder: das erwähnte “walter & gail”, “new york” oder “die geigen bei wonderful world” zeigten, dass die am Freitag erscheinende Platte sich nicht hinter dem legendären Vorgänger verstecken braucht. Am Endes des Konzertes kam Uhlmann wie immer allein zurück auf die Bühne und trug seine wunderschöne Akustik-Version von “das war ich” vor. Insgesamt waren die 110 Minuten Tomte also absolut großartig, Tomte sind auch und gerade im Jahr 2006 eine perfekte Liveband, die sich jeder, der Musik liebt, anschauen sollte.

Wer die kleine Pre-Album-Release-Tour verpasst hat, geht also gefälligst ab März zur “richtigen” Tour. Und vorher gibt’s einen Bericht in einer der kommenden “Tracks”-Ausgaben bei arte, der an diesem Tag und Abend in Heidelberg gedreht wurde. Und vorher, am Donnerstag (1. Februar) sind Tomte bei “TRL” auf MTV zu Gast, reden und performen. Und für alle, die bei diesem Gedanken sofort “Ausverkauf” denken, folgende Worte von Uhlmann: “Auch wenn wir übermorgen bei ‘TRL’ sind – was total witzig wird, man muss ja auch mal an solchen Leuten riechen – kann ich Euch zu 95 % versprechen, dass diese Band Euch niemals betrügen wird.”

oscar und sophie. 7

Wow. “Sophie Scholl” ist für den Oscar nominiert.

ash minus charlotte hatherley. 2

“Lang nichts mehr von Ash gehört”, denkt man sich, klickt mal eben auf die Band-Website und muss sofort unschöne Nachrichten lesen: “After 9 years Ash and Charlotte Hatherley have mutually agreed to part company. The decision is completely amicable and they wish each other the very best for the future. Ash are returning to the studio later this year to make the follow up to 2004’s “Meltdown” album. Charlotte is currently recording tracks for her second solo abum (following “Grey Will Fade”) which she plans to release in the Autumn this year.” Dabei war doch Charlotte Hatherley immer so ein Augenschmaus auf der Ash-Bühne. Schade.

popkulturjunkie on tour: tomte (2006). 5

Den Rest des Abends gibt’s im Laufe des Tages (diesmal wirklich).

tomtefieber. 8

Die Aufregung steigt. In fünf bis sechs Stunden werde ich endlich die neuen Tomte-Songs live sehen. Und ein grandioses, seit ungefähr 10 Minuten restlos ausverkauftes, Konzert erleben, den Depeche-Mode-Frust vom Donnerstag vergessen. Und bis dahin? Noch kurz den überraschenderweise gar nicht so schlechten “Polylux”-Beitrag mit Thees anschauen (via pêle-mêle dans ma tête), kurz beim Tomte-Blog vorbeischauen und auf tomte.de den heute zu hörenden Albumtrack “warum ich hier stehe” hören. Vorfreude pur.

wellers scheiße. 5

Zitat des Tages: “Ich würde lieber meine eigene Scheiße fressen, als mit James Blunt aufzutreten.” (Paul Weller) (via laut.de)

du bist flutschland. 8

Zwischen lecker und grenzwertig: die neuen Langnese-Eissorten zur Fußball-WM. Die “Bananenflanke”, der “Copa Mundial de la Fifa”, der “Fussball” (“Tolle Pfeife als Stiel!”), die schwarz-weißen “Tor-Shots” und ein schwarz-rot-goldener “Flutschfinger”.

popkulturjunkie on tour: depeche mode (lange version). 15

So. Tut mir leid, dass ich nun doch erst am Sonntagnachmittag dazu komme, meine Eindrücke zum Depeche-Mode-Konzert zu schildern. Am Freitag und Samstag blieb einfach keine Zeit und Ruhe dafür. Warum also war ich so enttäuscht?

Beginnen wir mit etwas Positivem: dem Bühnendesign. Ich glaube, ich habe noch nie in meinem Leben eine so dermaßen spektakuläre und umwerfende Bühne gesehen. Selbst die der vergangenen Marilyn-Manson-Tour reicht da nicht heran. Anton Corbijn hat futuristische Pulte geschaffen, auf denen die Synthesizer standen, eine riesige Kugel, auf der ständig irgendwelche Begriffe eingeblendet wurden und großen Videoleinwände, auf denen per Computer geschnittene, verzerrte und gezoomte Live-Bilder der Musiker gezeigt wurden. Allein dieser Bühne zuzuschauen, hat schon großen Spaß gemacht.

Weniger Spaß hatte ich mit den Musikern. Zunächst kamen The Bravery auf die Bühne, deren Platte mir im vergangenen Jahr ziemlich gut gefallen hatte und von denen ich live Einiges erwartete. Anscheinend war der Sound in der Frankfurter Festhalle aber so auf den Haupt-Act ausgerichtet, dass er bei The Bravery einfach nur beschissen war. Der Sänger war viel zu leise, die Instrumente auch nicht sehr passend aufeinander abgestimmt. Eine Tatsache, die den Sänger zum Zitat des Abends brachte: “Our shit’s all fucked up”. Dem war nichts hinzuzufügen.

Als Depeche Mode die Bühne betraten, war die Stimmung natürlich extrem gut. Und das sollte sich auch kaum ändern. Das Publikum bestand schließlich zu 95% aus Leuten, die aussahen, als würden sie einmal im Jahr zu einem Konzert gehen. Zu Bands wie U2, R.E.M. oder Westernhagen. Ganz egal, Hauptsache eine “Legende”. Depeche-Mode-Fans, wie man sie sich klischeehaft vorstellt, also schwarzgekleidete Menschen, hab ich nicht gesehen. Keinen einzigen. Ein Publikum also, dass begeistert war, als die Band Evergreens wie “a question of time”, “policy of truth” oder “behind the wheel” zum Besten gab. Ein paar Klassiker, okay. Das wäre zu verschmerzen gewesen, aber mir waren es eindeutig zu viele. Ich gehe zu einem Konzert, um zu sehen, welche Musik eine Band jetzt macht – und eben nicht, welche Musik sie vor 20 Jahren gemacht hat. Aber ein Publikum, das aussieht, als würde es die Wochenenden sonst auf Ãœ30- oder 80er-Jahre-Parties verbringen, freut sich eben über solche Musik für ewig Gestrige.

Abgesehen vom Musikalischen hat mir auch die Performance der Band nicht gefallen. Auf mich wirkte das alles zu kalt, einstudiert und emotionslos. Satte Millionäre, die gemütlich durch die Weltgeschichte fahren, ein bisschen Musik spielen und die genau wissen, dass sie sich nicht mehr sonderlich anstrengen brauchen – das Publikum wird sie ohnehin feiern, schließlich sind sie Legenden. Gahan z.B. weiß genau, dass die Leute ausflippen, wenn er sein Hemd auszieht, also macht er es auch. Ganze zwei Momente während des Konzertes haben Emotionen in mir ausgelöst. Der eine war, als Martin Gore (ich glaube es war “home”) sang und am Ende an den vorderen Rand der Bühne ging, sich feiern ließ und man ihm ansah, dass er es genoss, im Mittelpunkt zu stehen. Der andere Moment war “enjoy the silence”, meiner Meinung nach einer der schönsten Popsongs, die je geschrieben wurden. Allerdings störte mich sehr schnell, dass Zigtausende den Song von vorn bis hinten mitsangen. “all i ever wanted, all i ever needed is here in my arms. words are very unnecessary, they can only do harm”. Ich will nicht, dass der gesamte Odenwald dieses Lied mitgröhlt. Dafür ist es zu schön. Mir hatte das jedenfalls gereicht, die Zugaben brauchte ich nicht mehr, ich ging. Der Haken auf der Liste der Bands, die ich in diesem Leben noch live sehen muss, ist gemacht, Depeche Mode sollten ihre Live-Karriere nun lieber beenden. Oder mal unter falschem Namen durch kleine Clubs tingeln, um zu sehen, worauf es ankommt.

revolution. 10

Wer gerade überlegt, ob er an diesem kalten Sonntag überhaupt vor die Tür tritt, sollte das zumindest dafür tun, die “Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung” zu kaufen. Stefan Niggemeier hat darin einen seiner besten Artikel der vergangenen Monate veröffentlicht. Thema: “Das Publikum an der Macht. Die digitale Revolution kommt gerade erst richtig in Schwung: Die Tage, in denen eine Handvoll Leute bestimmen konnte, was wir hören, sehen, lesen, sind gezählt. In naher Zukunft werden wir alle Programmdirektoren und Chefredakteure sein.” Im Internet ist der Text vorerst leider nur für Abonnenten zu lesen.

Update: Hier gibt’s den kompletten Text jetzt auch für Nicht-Abonnenten. (via franziskript-Kommentare)

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