charts-kritik: 29. juni 2007. 8
Diesmal vorbildlich früh: Hier sind die New Entries der deutschen Singlecharts vom 29. Juni 2007 – in der YouTube-Playlist fehlt (zum Glück) das Video der Randfichten – es gibt anscheinend keins.
90: De Randfichten – “nananana”
“Heute machen wir richtig Stimmung, da wackelt hier die Wand. Und alle sind heut’ abend voll außer Rand und Band.” Eine Botschaft, die Angst macht. Noch mehr Angst macht mir allerdings, dass es tatsächlich Leute gibt, die dieses “nanananananananananana” gekauft haben und jetzt gerade dazu in ihren düsteren, seit den 70ern nicht mehr renovierten Partykellern bierbeseelt herumwackeln. Klarer Fall: 0 von 10 Punkten.
65: The Chemical Brothers – “do it again”
Puh, zum Glück gleich echte Musik nach diesem verwirrenden, spät-karnevalistischen Statement der ostdeutschen Spaßmafia. Die Chemical Brothers sind für mich in den vergangenen Jahren etwas aus dem Blickpunkt verschwunden – die letzte Platte war kein so großer Knaller wie das ein oder andere frühere Werk. Auch “do it again” ändert an dieser Meinung nichs Grundlegendes. Zwar ist es eine wirklich nette Nummer, doch definitiv kein Song, den ich mir ständig anhören könnte. Oberes Mittelmaß, nicht mehr. 6 von 10 Punkten.
46: Billy Talent – “surrender”
Meiner Meinung nach ist Billy Talent ja trotz der gewissen Mainstream-Kompatibilität eine Band, die wirklich coole Musik macht. Als ich sie nach dem 2003er-Album live sah, war ich recht begeistert, “try honesty” lief rauf und runter. Wenn ein Text so anfängt, muss natürlich ein Aber kommen. Und zwar jetzt. Aber: Was zur Hölle soll denn diese dämliche Pseudo-Ballade. Das schiefe “surrender” geht mir schon nach dem zweiten Refrain auf den Sack, musikalisch gesehen ist der Song eine Frechheit, die nur eins versprüht: Komplette Langeweile. 3 von 10 Punkten.
36: No Angels – “maybe”
Ach herrje, die armen No Angels. Jetzt steigen sie mittlerweile nur noch auf 36 ein. So ein großer Erfolg ist dieses Comeback ja wirklich nicht. Aber man merkt auch schnell, warum. Auch “maybe” lässt diesen großen Hit-Faktor von früher vermissen. Es ist ein okayer Popsong mit nettem Chorus, aber ohne das große “Wow”. 4 von 10 Punkten.
25: beFour – “magic melody”
Puh. Die nächste Super-RTL-Plastik-Kapelle ist da. Seit Anfang der Woche wird beFour mit einer Pseudo-Doku-Soap im Kinderprogramm begleitet, wie bei den Vorgängern Banaroo und yoomii. Wie ernst man es mit der Kreativität nimmt, zeigt sich allein an der Tatsache, dass “magic melody” einem irgendwie bekannt vorkommt. Ein Blick auf coverinfo.de zeigt: Die Melodie stammt aus dem ATC-Hit “around the world”, der ebenso wie “im ganzen schlumpfenland” von den Schlümpfen auf einem Song namens “pesenka” von einem gewissen Ruki Vverh basiert. Die Coverversion einer Coverversion also. Na herzlichen Glückwunsch zum Karrierestart, beFour! 1 von 10 Punkten.
09: Ich+Ich – “vom selben stern”
Tja, da hat die eine Humpe-Schwester die andere Humpe-Schwester wohl inzwischen auch in Sachen Erfolg überholt. Die Ich+Ich-Songs sind aber auch irgendwie unverbrauchter als die 2raumwohnung-Stücke. “vom selben stern” nervt mich zwar inzwischen etwas, weil es mehrmals täglich als Musiktipp bei n-tv (!) läuft, aber das sehr nette Video mit Gastauftritten von Leuten wie Udo Lindenberg, Kurt Krömer, Antje Vollmer, leider aber auch dem in die Schlagzeilen geratenen Markus Frick (Kann man den nicht noch nachträglich rausschneiden?), macht den Nervfaktor erstmal wieder wett. Netter Sommerpop. 6 von 10 Punkten.
04: US 5 – “rhythm of life (shake it down)”
US 5 ist ja ohnehin eine dieser Kapellen, die für Ãœber-15-Jährige nicht geeignet ist. Aber diese Single setzt dem ganzen muskalischen Elend mal wieder die Krone auf. Der Beginn des Songs ist eine 1:1-Kopie eines Duran-Duran-Klassikers, danach wird einmal quer durch die Pophistorie der letzten Jahre gestolpert und der eine Typ hat auch noch eine neue Frisur und sieht jetzt aus wie “der süße Bill”. Das ist alles so schlimm, ich bin froh, dass die Charts-Woche wieder einmal um ist. 1 von 10 Punkten.
Die Top Ten vom 29. Juni 2007:
01 (01) Rihanna feat. Jay-Z – “umbrella”
02 (03) Marquess – “vayamos companeros”
03 (04) Pink – “dear mr. president”
04 (—) US 5 – “rhythm of life (shake it down)”
05 (05) DJ Ötzi & Nik P. – “ein stern (der…)”
06 (06) Mika – “relax (take it easy)”
07 (02) Mark Medlock – “now or never”
08 (07) Timbaland/Nelly Furtado & Justin Timberlake – “give it …”
09 (—) Ich+Ich – “vom selben stern”
10 (08) LaFee – “heul doch”
Ebenfalls erschienen, aber gefloppt:
– Art Brut – “direct hit”
– Paolo Nutini – “new shoes”
Singles, die in dieser Woche eventuell eingestiegen wären, wenn das neue Charts-Regularium, laut dem auch reine Download-Singles ohne CD gewertet werden, schon jetzt und nicht erst ab Ende Juli gelten würde:
– Crowded House – “don’t stop now”
– Editors – “smokers outside the hospital doors”
– The View – “same jeans”
Vorschau:
In der nächsten Ausgabe der Charts-Kritik lesen Sie voraussichtlich u.a. Beiträge zu den neuen Singles von Tocotronic, Mark Ronson, Bernhard Brink & Simone, Gwen Stefani und Enrique Iglesias. Wenn die Verkaufszahlen keinen Strich durch die Rechnung machen.